14.08.2018 :
Ich / 20:08 h : Es war schön dich gerade eben zu hören Papa. Wir sind für dich da. Ich komme dich Morgen oder Donnerstag besuchen.
Ich Liebe dich.
Papa / 20:10 h : Besser Donnerstag . Morgen weiß ich ja noch nicht was passiert.
14.08.2019 / 20:08 h
Nun sitz ich hier, lese mir unseren letzten Chat durch, und muss bitterlich schlucken. Es ist auf den Tag genau 1 Jahr her wo wir das letzte mal miteinander telefoniert haben. Es war ein schmerzhaftes Gespräch. Die Stimmung war seltsam. Ich wollte dich ermutigen, dich aufmuntern, aber wir mussten beide weinen. Ich konnte dir nichts sagen, außer das ich dich Liebe, und das alles gut werden wird.
Du hattest Angst. Ich hatte Angst. Alles war Scheiße. Wir wussten beide dass nichts mehr gut werden wird.
„Morgen weiß ich ja noch nicht was passiert.“ – Du hättest mir viel erzählen können, aber nicht das. Du wusstest was dich erwartet. Du wolltest uns nur nicht beunruhigen. Das war ok. Wir wussten es ja auch. Wollten es nur nicht wahrhaben. Das wollten wir alle nicht.
“ Andere gehen ins Krankenhaus, und kommen nach zwei Wochen wieder nach Hause- Ich weiss nicht ob ich überhaupt noch mal heim kommen werde.“ – Waren deine Worte, als meine Schwester dich am nächsten Tag abgeholt hat, um dich ins Krankenhaus zu bringen.
Dann warst du da. Im Krankenhaus. Meine Schwester ist arbeiten gefahren, weil du gesagt hattest, dass sie ruhig gehen konnte. Du wärst jetzt gut aufgehoben.
Sie ist gefahren… und du bist zusammen gebrochen. Du wolltest nicht dass sie dich so sieht… Du wusstest es…
… ab diesem Zeitpunkt zählte jede Sekunde.
… Den Anruf meines Bruders am 15.08.2018 werde ich nie vergessen. Ich war arbeiten als mein Handy klingelte. Ich wollte gar nicht dran gehen, weil ich wusste weshalb er anruft.
An die Fahrt in Richtung Leverkusen kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich bin nicht selbst gefahren. Das hätte ich nicht mehr gekonnt. Ich hatte Angst. Panische Angst.
Angst dich zu verlieren.
Ich hatte Angst dich nicht mehr lächeln sehen zu können, deine Stimme nie wieder zu hören die mir sagt wie lieb sie mich hat, deinen unsterblichen Optimismus nicht mehr erleben zu dürfen, und deine warme Hand nicht mehr spüren zu dürfen….
Jede Sekunde in der ich in diesen Momenten nicht bei dir sein konnte, erfüllten mich mich mit unheilbaren Schmerz den ich mit Worten nicht beschreiben kann.
Als wir alle bei dir waren.. kamst du dir ziemlich doof vor. Du sagtest noch- mit einem Lächeln im Gesicht : “ Komisch wie ihr hier alle vor mir steht.“
Für uns war es mindestens genauso komisch. Um ehrlich zu sein war es ziemlich beschissen. Wir wussten dass es dir unangenehm war dich so zu sehen.
Trotzdem hast du versucht uns bis zum Schluss ein gutes Gefühl zu geben.
Ja. Das hast du. Uns bis zum Schluss ein Gutes Gefühl gegeben. Und gelächelt.
Du hast deine letzten Tage/Stunden deines Lebens mit einem Lächeln verbracht.
Hast Scherze mit der Motte gemacht… sie lacht heute noch über bestimmte Situationen .Wie lustig du doch auf der Intensivstation warst. Ich muss auch lächeln wenn ich an bestimmte Situationen denke…
Irgendwann waren nur noch meine Schwester und ich bei dir.
Es wurde ruhig um uns.
Du warst schon sehr weit weg… aber irgendwie noch da.. noch bei uns. Wir waren zwischendurch wirklich erschöpft und haben uns gewünscht, dass du einfach nur aufgibst. Wir waren vorbereitet. Irgendwie.
Aber irgendwie auch nicht…
Am 18.08.2018 um 0:27 hat dann endlich dein Herz aufgehört zu schlagen…
Im lauf der letzten Stunden haben wir uns das „endlich“ irgendwann einfach nur herbei gesehnt. Klingt hart… aber es war wirklich so. Wir konnten nicht mehr. Und du auch nicht.
Der Moment in dem dein Herz aufgehört hat zu schlagen waren wir bei dir.
Haben deine Hand gehalten. Bis zum Schluss.
Ich bereue keine Sekunde davon… Auch wenn es weh tut daran zu denken…
Heute … 1 Jahr nachdem dein Herz aufgehört hat zu schlagen möchte ich dir dennoch ein paar Worte hinterlassen…
Lieber Papa,
Du fehlst.
Jeden Tag. Jede Minute. Jede Sekunde.
Jeden Moment den ich als Glück empfinde würde ich gerne mit dir teilen.
Ich würde dir gerne mitteilen wie glücklich ich zur Zeit bin. Das ich den Mann meines Lebens, wenn auch durch Umwege, endlich gefunden habe.
Das erste Jahr ohne Dich war unheimlich schwer. Wir haben Weihnachten ohne Dich verbracht, alle Geburtstage .
Es war schön, aber ein Platz war immer leer… Deiner.
Das wird er auch die nächste Jahre bleiben.
Aber im Herzen wirst du immer bei uns sein.
Egal wo wir sind und was wir machen.
Ein Jahrgedächtnis wird es bei uns nicht geben… Das hättest du nicht gewollt…. Mit der Kirche hattest nicht wirklich was am Hut.
Ich war vorgestern schon auf dem Friedhof, hab dir frische Blümchen hingestellt, und ein Kerzchen angemacht. Das muss reichen. In Gedanken bin ich eh immer bei dir. Jeden Tag.
Am Sonntag, wenn sich unser schlimmster Tag jährt bin ich über den Wolken in Richtung Gran Canaria.
Also bin ich dir näher als es an diesem Tag sonst einer sein wird.
Im Himmel.
Ich freu mich sehr auf diesen Urlaub, und möchte diesen Tag mit Vorfreude verbringen. Deswegen schreibe ich diese Worte heute schon und nicht erst am Sonntag.
Ich musste sie loswerden. Die Dinge die ich dir sagen möchte. Es tut auch gut über dich zu schreiben. Das sprechen über dich fällt mir nämlich immer noch recht schwer.
„Eines weiss ich – Du wärst Stolz auf uns.“
Danke an Gregor Meyle, der so was wundervolles auf die Beine gestellt hat. Ich Liebe dieses Stück, und es begleitet mich immer in den Stunden in denen Papa mir ganz besonders stark fehlt.
In Liebe
Julia